DEUTSCHE VEREINIGUNG FÜR VORSORGE- UND BETREUUNGSRECHT e.V.

Ehegattennotvertretungsrecht – MDR- Interview vom 16.02.2023

MDR-Interview mit Rechtsanwältin Daniela Flaig (Kanzlei Ramstetter, Mannheim vom 16.02.2023 zum Ehegatten-Notvertretungsrecht

 

Was wäre ein typisches Beispiel, bei dem das Notvertretungsrecht gilt?

Ein typisches Beispiel wäre die Situation, dass der eigene Ehepartner einen Schlaganfall oder Unfall erleidet, bewusstlos oder sonst in einer Weise nicht mehr selbst entscheidungsfähig ist und über die Akutversorgung hinaus weitere medizinische Entscheidungen zu treffen sind (z.B. über eine künstliche Ernährung o.ä.).

Was hat sich hier im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage geändert?

Zum alten Recht hat sich geändert, dass jetzt eine Handlungsbefugnis des Ehegatten für einen beschränkten Zeitraum vom Gesetz eingeräumt wurde, da ein Ehegatte nach der bisherigen Rechtslage ohne eine Vorsorgevollmacht des anderen Ehegatten nicht handeln konnte und daher ein gesetzliches Betreuungsverfahren eingeleitet werden musste.

War es nötig, eine neue Regelung einzuführen?

Aus der Sicht des Staates bzw. der Justiz war es insofern nötig, als für die geschilderten Fälle immer ein vorläufiges Betreuungsverfahren eingeleitet werden musste. Man hofft jetzt, diese Verfahren um 30 % reduzieren zu können, was die Betreuungsgerichte entlasten und dem Staat auch Kosten sparen würde.

In welchen Fällen gilt das Ehegatten-Notvertretungsrecht nicht?

Es gilt nicht, wenn der Ehegatte oder eine andere Person eine Vorsorgevollmacht oder der entscheidungsunfähige Ehegatte bereits einen gesetzlichen Betreuer hat. Das Notvertretungsrecht ist dann nachrangig. Ebenfalls gilt es nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben. Hierzu muss der Arzt den handelnden Ehegatten befragen und dieser ist verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Um hier Unregelmäßigkeiten vorzubeugen, kann man als weitere Möglichkeit einen Widerspruch gegen die Ehegatten-Notvertretung beim Zentralen Vorsorgeregister eintragen lassen, in das seit 01.01.2023 auch die Ärzte Einsicht nehmen dürfen.

Was kann/darf der Ehegatte entscheiden, was nicht?

Der vertretende Ehegatte darf im Wesentlichen nur in Fragen der Gesundheitssorge entscheiden, also über die Einwilligung in Heilbehandlungen und ärztliche Eingriffe, darf die Einsicht in Krankenunterlagen verlangen usw. Nicht erfasst sind dagegen vermögensrechtliche Angelegenheiten, auch wenn sie im Zusammenhang mit der Gesundheitssorge stehen können. So ist z.B. der Abschluss langfristiger Verträge, wie z.B. der Abschluss eines Heimvertrages, nicht vom Notvertretungsrecht gedeckt.

Was passiert nach 6 Monaten, wenn das Notvertretungsrecht ausläuft?

Ist der Ehegatte danach immer noch einwilligungs- oder handlungsunfähig, ist ein Betreuungsverfahren unumgänglich.

 

Nach alledem bleibt als Resümee, dass das neu eingeführte Notvertretungsrecht aufgrund der genannten Grenzen und Befristung eine gute Vorsorgevollmacht keinesfalls ersetzen kann. Daher kann nur dringend angeraten werden, seinen Angehörigen eine Vorsorgevollmacht zu erteilen, um diese nicht in die Situation zu bringen, auf das restriktive Notvertretungsrecht angewiesen zu sein.

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